Metrik im altsprachlichen Unterricht – Ars Didactica – 4
Marburger Beiträge zu Studium und Didaktik der Alten Sprachen
Magnus Frisch (Hg.), Kartoffeldruck-Verlag Kai Brodersen, Speyer 2018
Der Ende letzten Jahres erschienene bereits 4. Band der Reihe Ars Didactica fällt allein schon durch seine fast 400 Seiten auf. Sein in doppeltem Sinne reizvolles Thema wird in der beeindruckenden Anzahl von 15 Kapiteln (einschließlich eines englischsprachigen) von 12 Autoren[1] behandelt, die am Ende des Buches ausführlich vorgestellt werden. Und an jedes einzelne Kapitel schließt sich ein ausführliches Literaturverzeichnis an.
Die Gesamtheit der Beiträge bietet neben der fachdidaktischen Auseinandersetzung Anregungen für den Unterricht – wobei es leider unrealistisch ist, mit den Schülern auch ‚nur‘ die zwölf wichtigsten Versmaße zu behandeln. Fest steht aber auch, so der Herausgeber: „ Eine Behandlung von Dichtungstexten ohne Eingehen auf die Metrik wäre … unvollständig.“ „Die Prosodie und das Wissen über den quantitierenden Charakter der antiken Metrik … gehören zu den unerlässlichen Themen.“ (S.13) Zu behandeln sind (und im vorliegenden Buch berücksichtigt werden) Prosodie, Metrik, Versmaß, Strophen – das Klanggefühl nicht zu vergessen! – Analyse und Vortrag sowie Überlegungen zur Binnendifferenzierung und Lernerfolgskontrollen. Vor solche zum Teil sehr konkreten Beispiele[2] sind nicht nur die Ergebnisse einer Lehrerbefragung (Magnus Frisch in Kap.2), sondern auch, gewissermaßen grundlegend (und ausführlich), eine Analyse der Lehrpläne und Curricula in der Bundesrepublik Deutschland (Jens Pickenham in Kap.3) vorangestellt. Für letztere waren über 2000 Seiten durchzuarbeiten! Berücksichtigt wurden nicht nur die einzelnen Bundesländer mit ihren Ausformulierungen, sondern auch L1, L2, L3, L4, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Grundkurs, Leistungskurs u.a. Dabei sind manchmal „ein eher einheitliches Bild“, manchmal aber auch ein „eher differenziertes Bild“ zu konstatieren.
In concreto:
Heike Wolf bietet im an diese beiden anschließenden Kapitel ein Unterrichtsbeispiel für Catull und Ovid. S.73f. wird u.a. sehr einleuchtend die Auswahl für den „ersten Schritt“ dargelegt.
Hans-Joachim Glücklich stellt auf über 30 Seiten seine
persönlichen Gedanken zum Latein lesen
und sprechen dar.
Katharina Waack-Erdmanns Beitrag widmet sich als einziger (auf 50 Seiten!) der Metrik im Griechischunterricht[3]– mit vielen konkreten Beispielen, Wortlisten, ‚griffigen‘ Zusammenfassungen – für Anfänger und für Fortgeschrittene.
John Bulwer bietet Mnemonics for Metre. Vergils
Arma virumque cano, Troiae qui primus ab
oris gilt ihm als ein “model for the
hexameter”. Er verweist u.a. auf Cicero, Quintilian, Goethe, Schillers Im Hexameter steigt des Springquells
flüssige Säule. … und natürlich auch englische Autoren und liefert eine
Fülle von Merkversen, überwiegend englischen, aber neben deutschen auch
französischen und …
Gregor Bittos Beitrag Metrik in Ovids elegischen Dichtungen unter dem Titel
non pedibus aequis befasst sich mit „Ovids metrischen Spielen“, begründet seine Text-Auswahlen und wirft auch einen Blick in den bayrischen Lehrplan und schließt seine Arbeit mit konkreten Materialen und Anhängen mit Parallelstellen.
… at
non effugies meos iambos ist Wolfgang Schoedels Kapitel zu Catulls
Invektive c.29 als Einstieg in die
Funktion römischer Metrik betitelt. Unter dem Stichwort „Verhältnis von
Form und Inhalt bei Catull“ präsentiert er insbesondere vier Unterrichtsstunden
mit Vorbereitung und Nachbereitung.
Christoph Kugelmeier breitet vor dem Leser eine Fülle von
Versmaßen für den akademischen Lateinunterricht aus. Dabei möchte er unter
anderem aufzeigen, „wie sich die Kenntnis der metrischen Struktur lyrischer
Verse für die Gedichtinterpretation fruchtbar machen lässt.“
Fabiola Dengler liegt am Beispiel Terenz‘ Adelphoe im Unterricht in ihrem Beitrag der iambische Senar in der Schule am
Herzen. Sie stellt mit konkreten Ablauf-Tabellen eine komplette
Unterrichtseinheit vor, Kompetenzen, Inhalt und Ausblick sowie ein Arbeitsblatt
und schließlich Schülermaterial in Schrift und Bildern eingeschlossen.
Boris Dunsch hat seinen Beitrag Der Lateinische Prosarhythmus
Eine induktive Einführung im Lektüreunterricht genannt. Dabei
behandelt er die Frage der
Untersuchungstiefe, die induktive
Einführung. Für letztere präsentiert er dem Leser mit Cicero, Pro Archia
poeta 19 ein sehr ausführliches Beispiel, um dann weitere Möglichkeiten der Textarbeit und eine kleine Systematik der Satzklauseln anzuschließen. Sein
bibliographischer Anhang dazu ist besonders ausführlich.
Immanuel Musäus widmet sich der Verbindung von Metrik und Musik. Hier wechseln griechische, deutsche und lateinische Beispiele einander ab, illustriert mit zahlreichen Notenbeispielen.
Anna Elissa Radke stellt in Dichten und Dichtung im Lateinunterricht ihre bzw. eine Vision ganzheitlichen Lateinunterrichts vor. Als Beispiel dient ihr hier der Ludus de Sancto Michaele. Anschließend wird dem Leser eine Auswahl von für jeden Schüler von ihr persönlich verfassten Namensepigrammen gegeben. Der ausführliche letzte Teil dieses Kapitels präsentiert als Zeichen der positiven Resonanz studentische lateinische Eigenproduktionen z.T. unerwarteter Länge.
Insgesamt bietet dieser vierte Band Ars Didactica seinen Lesern eine beachtliche Fülle und große Vielfalt. Ein kleiner Wermutstropfen darin sind leider die vielen R-Fehler, die sich natürlich in einer zweiten Auflage problemlos beseitigen lassen und dem Inhalt ohnehin keinen Abbruch tun. Und wünschenswert wäre wohl angesichts der zahlreichen Stellen und Autoren noch ein Index nominum.
Korbach, Juli 2019 Else Zekl
[1] Die Vielfalt und Individualität der Beiträge zeigt sich übrigens schon in dem zum einen ausschließlichen Schüler (oder auch mal Schüler, Studenten und Lehrer), zum andern Schülerinnen und Schüler oder auch einem diesbezüglichen Wechsel innerhalb einer Seite sowie SUS und auch Schüler/innen, zum andern in der Entscheidung für ein daß, muß u.a.
[2] „im altsprachlichen Unterricht“, „im
Griechischunterricht“, „im Unterricht“, „im akademischen Lateinunterricht“, „in
der Schule“, „im Lektüreunterricht“ = auch hier ist die reiche Vielfalt zu
erkennen.
[3] Allerdings finden sich auch in anderen Kapiteln gelegentlich griechische Metrik-Beispiele.